„berlin sinfonie“ – Ausstellungseröffnung

Artikel aus Eventkritik Berlin vom 9.4.2013:
Am Sonnabend kam es im Bänsch zu einer Fotografie – Ausstellungseröffnung mit Musik. Es war: wie zu erwarten überaus hörenswert, überraschend sehenswert und es war ein Abend, den man wohl dank reichlicher Offerten an synästhetischen Erfahrungspotentialen noch lange Zeit im Herzen und in der sonst selten sich öffnenden Kammer bleibender Erinnerungen tragen wird. Das Bänsch, eine einzigartige Bar in Friedrichshain, die es auch sonst immer wert ist, ihr einen Besuch abzustatten (allein die handgefertigte Einrichtung – Bar, Tische, Stühle, Beleuchtung sind ein Gesamtkunstwerk!), sollte sich als ideale Umgebung für dieses audiovisuelle Universalerlebnis herausstellen.
Der Förster, in hiesigen Breiten mittlerweile selten zu erleben, hatte für diesen Abend seine „From London to New York City“ – Tour unterbrochen und zeichnete sich mit seiner, über die transatlantischen Grenzen hinaus, unerreichten Kunst des Auflegens für die Musik auf dieser Veranstaltung verantwortlich. Zweifellos ist der Förster immer noch und immer mehr der „Godfather of Compact Disc(o)“, wie ihn Ron Gravis, Musikkritiker der New York Times, bereits 1997 bezeichnete. Kaum ein Zweiter schafft es wie er, dem musikaffinen, dennoch zumeist in einem überschaubaren Radius an musikalischen Stilen umhertänzelnden Publikum, die Ohren über den bekannten Plattentellerrand hinaus zu öffnen, ohne dabei in die mainstreammosaikhafte Beliebigkeit zu entgleiten. Mit seinem Sound spannte der Förster am Sonnabend wieder einmal ein gänzlich entzückendes Klangnetz vielfältig verzweigter und gewundener Fäden aus den großartigsten Erzeugnissen nativer und alternativer Popmusik der letzten 50 Jahre.

„Glück ist immateriell, zum Glück“ (Platon). Dieser von dem (zu Lebzeiten noch gar nicht so) alten Griechen formulierten glücklichen Erkenntnis war es wohl zu verdanken, dass die allein von der Musik schon völlig beseelten Besucher am Sonnabend beim Anschauen der ausgestellten Bilder nicht Gefahr liefen, vor Glück zu platzen.
Der Berliner Fotograf Martin Koos zeigte ausgewählte Werke seiner Serie „berlin sinfonie eins“, die das abendlich erleuchtete Zentrum der Metropole rund um den Fernsehturm erlebbar werden lassen. Mittels Mehrfachbelichtungstechnik und einer großen Lust am Spiel mit Licht, Farben, Schärfe, Nähe und Distanz geben diese vielschichtigen Bildkompositionen den Betrachtern unterschiedliche Rezeptionsmöglichkeiten. Ob sie sich einfach an Farben und Stimmigkeit der angefertigten Ergebnisse erfreuen oder ob sie bei längerem Hinschauen selbständig Bildebenen kombinieren, ob sie die – hier konkreten, dort abstrakten – Elemente sortieren und immer neu zusammenstellen und damit selbst zu kleinen Komponisten ihrer eigenen Berlin Sinfonie werden – es bieten sich viele Möglichkeiten.
Bei den Bildern handelt sich um Erzeugnisse der künstlerischen Fotografie, die weit über das bloße Abbilden Berlins hinausgehen. Stattdessen zeigen sie einen poetischen, surreal angehauchten Blick auf die Stadt. Mithin erzeugen und transportieren die Bilder Stimmungen und Gefühle wie es, sie hervorzurufen, sonst wohl lediglich die Musik vermag. Der erste Teil der „berlin sinfonie“ hebt sich auf originelle Weise von den sogenannten Arbeiten unzähliger zeitgenössischer Berlin-Fotografen ab, von denen leider zu viele den Unglücksraben zugerechnet werden müssen, jenes Typus unseres Zeitalters der Selbstverwirklichung also, wie er regelmäßig, Woche für Woche, in den Galerie-Lokationen der Stadt anzutreffen ist und dort bei Vernissagen mit viel Tamtam die eigenen, eher minder ausgereiften Spielereien zu Kunst deklariert. An den hochwertigen Acrylglasdrucken, auf denen die „berlin sinfonie“ erstmalig öffentlich präsentiert wurde, konnte man sich somit schwerlich sattsehen, hier und da konnte man sogar den Eindruck gewinnen, der wohlklingende Förster Sound realisiere sich in den Formen und Farben der Bilder – höchster Hochgenuss! Ich habe mir eines der Bilder mit nach Hause genommen und an die Wand gehängt, höchster Hochgenuss!

Die Ausstellung „berlin sinfonie“ läuft noch bis Mitte Mai im Bänsch, Bänschstr.79, Berlin-Friedrichshain, täglich ab 19:00 Uhr (montags geschlossen).

Ein Kommentar

  1. Pingback: berlin sinfonie ⋆ Martin Koos Fotografie

Kommentare sind geschlossen.